Kangal-Hirtenhund (Hunderasse) – willensstarker Beschützer

by Michael Wurz
FCI Klassifizierung Kangal

Der Kangal, ein Hirtenhund begleitet uns Menschen bereits seit langem:

Bereits vor tausenden von Jahren arbeitete der aus der Türkei stammende Herdenschutzhund an der Seite von nomadischen Hirten. In der heutigen Zeit ist er aber nur mehr selten zu sehen – dennoch übt er weiterhin eine große Faszination auf uns aus.

Geschichte und Herkunft

Auch wenn die historische Ermittlung der Ursprünge alter Hunderassen wie den Herdenschutzhunden keine exakte und zweifelsfreie Wissenschaft darstellt, gilt der Kangal-Hirtenhund im Allgemeinen als Nationalhund der Türkei. Er ist tief in der türkischen Kultur eingebettet und begleitet die Menschen dieses Landes wahrscheinlich bereits seit Jahrtausenden. Man geht davon aus, dass es diese Hunde bereits seit dem 12. Jahrhundert besonders in Sivas und Ostanatolien gibt. Sie waren wichtige Partner der nomadischen Viehhirten und bewachten die großen Schaf- und Ziegenherden vor Raubtieren und Viehdieben. Besonders die Osttürkei wird als Ursprung des Kangal gehandelt, da die Fellfarbe (hellbraun bis hellgrau) der Hunde sich an jene der dort verbreiteten Akkaraman-Schafe angepasst haben könnte. Der Name der Rasse geht wahrscheinlich auf den Namen der Stadt Kangal in der zentralanatolischen Provinz Sivas zurück. Dort wurde die Rasse schon früh einheitlich und gewissenhaft gezüchtet und erfuhr dadurch internationale Anerkennung.

Von Kangal ausgehend verbreiteten sich die türkischen Hirtenhunde erst nach Großbritannien und schließlich weiter nach Frankreich, Deutschland und in die Niederlande und USA. Der erste europäische Zuchtverein wurde 1968 gegründet und „Anatolian Karabash Dog Club“ genannt. Die ursprüngliche Bezeichnung für den Kangal lautet „Karabash“. Denn das türkische Wort „Karabaş“ bedeutet zu Deutsch „Schwarzkopf“. 1975 startete in der Türkei ein Trainingsprogramm für Kangal-Hirtenhunde als Diensthunde für Polizei und Militär. Aber erst 1989 erfolgte die offizielle Anerkennung der Rasse durch die Fédération Cynologique Internationale (FCI). Mittlerweile werden diese von der FCI anerkannten Kangal-Hirtenhunde weltweit gezüchtet, doch es gibt Unterschiede zwischen Populationen innerhalb und außerhalb der Türkei. In seinem Urpsrungsland hat der durchschnittliche Kangal etwa 32-45 Kilogramm, außerhalb legt man mit einem Körpergewicht von 45-70 Kilogramm mehr Wert auf massige Hunde. Dies geschieht leider manchmal zum Nachteil der Gesundheit von Knochen und Gelenken.

Gesetzeslage

In Hessen und Hamburg steht der Kangal-Hirtenhundes auf der Liste „potentiell gefährlicher Hunderassen“ und darf dort nur mit behördlicher Bewilligung bzw. Wesenstest gehalten werden. Viele Kritiker sind gegen die Existenz solcher Rasselisten, da Aggressivität von mehreren (oft menschlichen) Faktoren abhängt und die Rassezugehörigkeit als potentieller Faktor angezweifelt wird. Von Jahrzehnt zu Jahrzehnt schaffen immer mehr Bundesländer und Kantone im deutschsprachigen Raum aufgrund von wissenschaftlichen Erkenntnissen Listen mit potentiell gefährlichen Hunden ab oder verkürzen diese – der Trend, stattdessen das Verantwortungsbewusstsein der HalterInnen auszubilden und zu kontrollieren, ist positiv zu betrachten.

Mit seinen aufmerksamen Augen und dem wachsamen Gemüt gibt der Kangal einen tollen Wachhund ab. / Foto: Canva.

Wesen und Charakter

Als Herdenschutzhund gehört der Kangal-Hirtenhund zu den ursprünglicheren Rassen, die noch über eine rigide Rudelhierarchie und ausgeprägte Instinkte verfügen. Hunde dieser Rasse sind ausgesprochen selbstbewusst und selbstbestimmt und versuchen als willensstarke Führungspersönlichkeiten stets, die Leitung ihres „Rudels“ zu übernehmen. Sie sind dominant, standhaft und mutig und ihrer Bezugsperson loyal zugetan – sofern diese sich als würdiger Rudelanführer beweisen kann. Ihre Erziehung setzt Geduld, Beharrlichkeit und konsequente Regeln voraus. Auf keinen Fall darf man Strenge jedoch mit grausamer Härte verwechseln, denn der stolze Hund wird eine „harte Hand“ nicht verzeihen.

Der Kangal ist ein Hund mit ausgeprägtem Wach- und Schutzinstinkt. Fremden und anderen Hunden gegenüber verhalten sie sich daher misstrauisch bis feindlich. Für eine artgerechte Haltung ist es daher notwendig, ihnen ein Grundstück zum Bewachen zu bieten. Als Stadt- oder gar Wohnungshunde lassen sie sich daher nicht artgerecht halten. Auch das Melden von „Gefahren“ und Fremden ist ihnen nicht abzugewöhnen. Vom Freilauf ohne Leine sei im Allgemeinen abgeraten – denn der selbstständige anatolische Hirtenhund ist nicht immer abrufbar und entscheidet oft selbst, wie er auf eine vermeintliche „Bedrohung“ reagiert. Seine BesitzerInnen müssen viel Verständnis für die Eigenheiten dieser Rasse mitbringen und in jeder Situation souverän und präsent sein.

Besonders schwer einzuschätzen sind Mischlingshunde dieser Rasse. Denn oftmals können sich beim Kangal-Mix unvorhersehbare Eigenschaften zeigen. Im schlimmsten Fall geht dann ein nervöses und unsicheres Wesen mit einer enormen Körpermasse und Beißkraft einher. Mit einem Welpen aus seriöser Zucht ist man daher immer am besten beraten – denn dort werden nur Hunde mit ausgeglichenem und souveränen Wesen miteinander verpaart.

Aussehen & Besonderheiten

Der Kangal-Hirtenhund verfügt wie viele Molossoide über einen großen, kräftigen und aufrechten Körperbau mit rechteckigem Rahmen. Als passionierter Wachhund strahlt er Kraft, Ausdauer und Aufmerksamkeit aus. Der große, längliche, aber auch breite Kopf ist mit beißkräftigen Kiefern und einem schwarzen Nasenschwamm ausgestattet. Die mandelförmigen Augen mit den schwarzen Lidrändern dürfen hellbraun bis dunkelbraun sein – allgemein gilt, je dunkler, desto besser. Das Gesicht ähnelt daher oft einer schwarzen Maske.

Die dreieckigen Ohren mit abgerundeten Spitzen werden in Ländern, wo noch kein Kupierverbot vorherrscht, gelegentlich kupiert. Die lange Rute wird in Ruhestellung hängend und an der Spitze eng eingerollt und bei Erregung hoch über den Rücken gerollt getragen. In der geschmeidigen, weitgreifenden Bewegung bilden Kopf, Hals und Rücken eine Linie, was oft einen schleichenden Eindruck erweckt.

Fell & Pflege

Das dicke und raue Deckhaar ist zwischen drei und sieben Zentimeter lang, je nach Klimazone. Die dichte Unterwolle schützt vor kühleren Temperaturen und Witterung, weswegen das Fell an Hals, Schulter und Oberschenkeln üblicherweise etwas länger und dicker ist. Erlaubte Fellfarben reichen von Creme bis Wolfsgrau, also helle Grundfarbe mit schwarzer Gesichtsmaske.

Weiße Abzeichen an den Pfoten und Füßen sind grundsätzlich erlaubt, erwünscht ist aber möglichst wenig Weiß. Alles in allem ist das Haarkleid des Kangal-Hirtenhund wetterfest und relativ leicht zu pflegen. Zweimal im Jahr findet der Fellwechsel statt, während dem er vermehrt gebürstet werden muss und dementsprechend mehr Haare verliert. 

Gesundheit

Sehr große Hunde haben üblicherweise eine etwas kürzere Lebensspanne als mittelgroße oder kleine Hunde, doch mit stolzen 12 bis 15 Jahren bildet der türkische Hirtenhund hier eine beachtliche Ausnahme. Als Arbeitshund mit robuster Konstitution und großer Kraft neigt er selten zu Krankheiten. Leider ist er wie viele andere große und schwere Hunderassen anfällig für Hüftdysplasie, die im schlimmsten Fall zu Bewegungsunfähigkeit führen kann. Auch eine als Entropium bekannte Fehlstellung des Augenlids kann bei dieser Rasse vermehrt auftreten: Das dabei einwärts gekehrte Lid irritiert mit den fälschlicherweise nach innen gerichteten Wimpern das Auge, was zu chronischer Entzündung führen kann. Auch Lipome, meist harmlose Fettlumpen, können sich beim Kangal häufiger entwickeln. 

Wusstest du, dass der Kangal-Hirtenhund über die größte Beißkraft unter den Hunden verfügt?

Gemessen wird die Beißkraft bei Tieren mit der Einheit PSI (engl. „pounds per square inch“, also „Pfund pro Quadratzoll“). Mit beachtlichen 740 PSI kann der Kangal-Hirtenhund ganz schön fest zubeißen – das entspricht einem Druck von 52 Kilogramm auf einem Quadratzentimeter.

Zum Vergleich: Der Englische Mastiff und der Dobermann schaffen nur 560 bzw. 600 PSI. Sogar der Afrikanische Löwe bringt als „König des Dschungels“ nur 691 PSI zustande! 

Häufige Fragen zum Kangal

Ist ein Kangal gut für Anfänger?

  • In der Regel wird ein Kangal nicht als geeignete Wahl für Anfänger-Hundebesitzer empfohlen. Diese Rasse erfordert erfahrene und konsequente Führung, da sie einen starken Schutzinstinkt hat und tendenziell eigenständig denkt. Ein erfahrener Hundebesitzer, der mit der speziellen Bedürfnissen und Verhaltensweisen von Herdenschutzhunden vertraut ist, könnte besser mit einem Kangal umgehen.

Ist ein Kangal ein Kläffer?

  • Kangals sind keine übermäßigen Kläffer im Vergleich zu einigen anderen Rassen. Sie sind jedoch territorial und haben einen angeborenen Wachinstinkt, der sie dazu veranlassen kann, auf ungewohnte Geräusche oder Aktivitäten zu reagieren. Es ist wichtig, sie von klein auf gut zu sozialisieren und zu trainieren, um übermäßiges Bellen zu verhindern.

Kann ein Kangal alleine zu Hause bleiben?

  • Kangals sind im Allgemeinen sehr unabhängige Hunde, aber sie können auch sehr eigenständig sein. Es ist möglich, dass ein gut trainierter Kangal einige Zeit alleine zu Hause bleiben kann. Es ist jedoch wichtig, ihnen ausreichend mentale und körperliche Stimulation zu bieten, um Langeweile und mögliche destruktive Verhaltensweisen zu vermeiden. Außerdem ist es ratsam, ihnen einen sicheren und eingezäunten Bereich im Freien zur Verfügung zu stellen, wenn sie alleine gelassen werden.

Die Rasse im Überblick

Bewegung

Anfängertauglich

Familienfreundlich

Fellpflege

Kangal Video

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